Medizinisch fundierter Vortrag über Depressionen beim Frauenfrühstück

Diesmal reichten die 120 Plätze kaum aus, um alle am Thema Interessierten im Gemeindesaal des Bonhoefferzentrums unterzubringen. Es war von den Organisatorinnen sehr wohl beabsichtigt, gerade zur trüben Winterzeit einen Vortrag zum Thema „Damit die Sonne wieder scheint – Depressionen und ihre Auswirkungen“ anzubieten. Die Referentin, Frau Magdalene Furch aus Bad Nauheim, war lange Jahre als Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin an der Klinik Hohe Mark tätig. Nun im Ruhestand, beschäftigt sie sich mit allem, was man „begreifen“ kann, wie Gartenarbeit und Handarbeiten und freut sich über ihre vier Enkelkinder.

Ihren sehr kompetenten und dennoch leicht verständlichen Vortrag, in den sie immer wieder Fallbeispiele aus ihrer Praxistätigkeit einflocht, begann sie damit, auf den großen Informationsbedarf am Thema Depressionen hinzuweisen. Denn seit dem Selbstmord von Robert Enke sei dies kein Tabuthema mehr. Depressionen gehörten in ärztliche Behandlung und beschrieben den Zustand eines Patienten: Sein Belastetsein, die negative Wahrnehmung seiner selbst, die fehlende Zielvorstellung und körperliche Einschränkungen wie Bewegungsunfähigkeit. Dieses Krankheitsbild sei sehr befremdlich für Außenstehende und erfordere einen langen Atem für die sie begleitenden Personen.

In der Unterscheidung der Depressionsformen verwendete die Referentin die alte Namensgebung. So betrachtete sie ausführlich die als endogene (von innen kommende) Depression, deren Kennzeichen ein gehäuftes Auftreten im Erbgang der Familien sei. Weiterhin trete diese Form i.d. R. im Frühjahr und Herbst auf und in Phasen zu unterschiedlichen Lebenszeiten und mit einem typischen Phasenverlauf (Morgentief). Hier seien Medikamente das erste Mittel der Wahl, um die Stoffwechselstörung im Gehirn zu behandeln. Nachteilig seien deren anfängliche Nebenwirkungen für 2 – 3 Wochen. Eine sinnvolle Ergänzung sei die menschliche Begleitung, um Mut zuzusprechen und eine Besserung des Zustandes zuzusichern. Vorwürfe, auch in Bezug auf mangelnden Glauben, seien fehl am Platz. Eine andere Form der endogenen Depression könne auch manisch auftreten, d. h. die Patienten wären überaus aktiv und hätten deshalb auch keine Bereitschaft zur Behandlung. Weiterhin gebe es die Variante mit manisch-depressiven Phasen und die lavierte (versteckte) Depression, bei der körperliche Beschwerden ohne erkennbare Ursache auftreten.

Frau Furch wies auch auf die Möglichkeit vorbeugend eingenommener Medikamente hin, die wie Katalysatoren im Körper wirkten.

Neben der endogenen Depression wies sie auf andere Ausprägungen hin und nannte die organisch bedingte Form, deren Ursache eine zu behandelnde Grunderkrankung sei, wie hormonelle Störungen, Krebs oder andere organische Erkrankungen. Bei der Form der seelischen Depression spiele häufig das Vorbewusste eine Rolle, welches den Patienten davor schütze, das Bewusste nicht mit unverarbeiteten Ereignissen zu überladen. Wenn im Bereich des Unbewussten Verdrängung und Abspaltung z. B. von Kränkungen stattgefunden hätten, könne es zu Neurosen kommen, denen man mit einer langen tiefenpsychologischen Behandlung begegne. Ein Schutz vor dieser Form von Depression sei die frühkindliche Stärkung der Seele. Die reaktive Depression sei eine Reaktion auf Schwäche in Verbindung mit einer Situation. Helfen könne eine Ent-täuschung über die Ursache.

Eine weiteres Gebiet sei die gesellschaftlich bedingte Depression. Wenn Kinder in den ersten drei Lebensjahren aufgrund fehlender verlässlicher Beziehungen kein Grundvertrauen aufbauen konnten, entwickle sich später eine Bindungslosigkeit. Diese könne dazu führen, dass Aussagen (wie aus der Werbung) unkritisch geglaubt werden und sich im Massenphänomen der Null-Bock-Jugendlichen äußere.

Kurz angerissen wurde auch die Depression aufgrund von Schuld. Diese gehöre allerdings in die Seelsorge, so Frau Furch. Nicht die Schuld beim anderen zu suchen, wirke dieser Depressionsform entgegen.

Im Anschluss an die Veranstaltung konnte das Buch von Frau Furch zum Vortrag erworben werden.

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