Tatkräftig bis hinein in die Einweihungsfeier

Handwarm sollte das Glas Sekt schließlich nicht werden, das die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde gestern Nachmittag ihren Gästen reichte. Pastor Claus-Heinrich Albertsen ließ den Empfang zum Abschluss der An- und Umbauarbeiten daher mit einem kollektiven Anstoßen auf das Werk beginnen, dass die Gemeinde in den vergangenen drei Jahren ordentlich in Trab gehalten hat.

Wie viel Tatkraft noch in den Akteuren steckt, demonstrierte Marianne König, Leiterin des freikirchlichen Bauausschusses und den Sanierungsteil begleitende Architektin. Bevor sie Bilder aus der Bauzeit zeigte, rückte sie erst einmal mit zwei, drei kräftigen Ruckbewegungen das Stehpult in die Mitte des Podestes. Gemessen an den vielen hundert Stunden, die Freiwillige aus der Gemeinde mit Abbruch- und Trockenbauarbeiten, mit dem Verlegen von Bodenbelägen und Pflastern von Höfen geleistet haben, war das wohl eher eine der leichteren Aufgaben.

Kein einziger Gottesdienst sei während der dreijährigen Umbauzeit ausgefallen, betonte König und warf einen kurzen Blick auf die Entwicklung einer Gemeinde, die schon in ihren Anfängen widrige Umstände zu überwinden wusste. Gegründet wurde sie 1946 von der Familie Otterstätter. Die Flüchtlingsfamilie aus Bessarabien wohnte in einer winzigen Wohnung in der Grabenstraße, wo viele Jahre die Gottesdienste stattfanden. Erst 1961 erfolgte der Umzug in das heutige Rot-Kreuz-Heim an der Königsberger Straße. Die Gemeinde wuchs, zehn Jahre später wurde in nur einem Jahr und vollständig in Eigenarbeit das neue Gemeindezentrum an seinem heutigen Standort errichtet. "Das wäre heute undenkbar", sagte König voll Bewunderung über die Gründergeneration.

Der zurückliegende Umbau ging laut König auf die bereits Ende der 90er-Jahre erstmals aufgeworfene Frage zurück, wie das Zentrum barrierefrei gestaltet werden kann. Nach vielen Überlegungen begannen die Arbeiten im Mai 2011. Herzstück der Maßnahme sind zwei Anbauten für ein neues Eingangsfoyer und ein Treppenhaus mit Aufzug. Das Gebäude wurde energetisch saniert, Fensterflächen vergrößert, ein Kleinkindraum eingebaut und vieles mehr. Königs Bildervergleich vor und nach Umbau und Sanierung ließ keinen Zweifel daran, dass die mit dem Projekt verbundenen Ziele eingelöst wurden: Das Gebäude ist heute transparenter, hat eine offene, freundliche Atmosphäre, es ist barrierefrei und kinderfreundlich, wie König zusammenfasste.

Entscheidenden Anteil daran hatte Architekt Hans-Peter Wolf. Er räumte in seinem Grußwort ein, dass er sich als Katholik erst einmal mit der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde habe befassen müssen. "Als Architekt muss man wissen, für wen man baut." Er zeigte sich überrascht über die Zielstrebigkeit, mit der die verhältnismäßig kleine Gemeinde mit sehr viel persönlichem Einsatz die Maßnahme bewältigt habe. Wolf schloss mit einem als Wunsch an die Freikirche umgemünzten Zitat des Stararchitekten Meinhard von Gerkan: "Ein sakraler Bau soll die Seele des Menschen reich machen."

Bürgermeister Jürgen Kirchner attestierte der freikirchlichen Gemeinde, ein Gebäude von "schlichter Schönheit" geschaffen zu haben. Diese habe nicht nur ein Zuhause zurückerhalten, sondern auch ein Stück Zukunft gebaut. Entstanden sei eine Stätte der Besinnung, der Andacht und des Friedens, die aus Hemsbach nicht mehr wegzudenken sei. Für Pastor Albertsen, der Hemsbach im September verlässt, hatte Kirchner 2,2 Kilo gebundener Ortsgeschichte dabei.

Ü-Ei für jede neue Frucht

Der Lampertheimer Pastor Jörg Lüling hielt für die sieben freikirchlichen Gemeinden der Metropolregion ein Grußwort. Er riet der Gemeinde dazu, innerlich weiterzuarbeiten, und brachte 48 Überraschungseier mit, jeweils eines für "jede neue Frucht", die die Gemeinde erntet. Pfarrer Dr. Gerrit Hohage, der für die Ökumene am Ort sprach, wünschte der Freikirche, dass sie in ihren neu gestalteten Räumen die Erfahrung der Gegenwart Gottes beständig machen kann. Die Feier wurde musikalisch gestaltet mit Musik von Vivaldi, die ein Kammermusiktrio vortrug, und Songs der Wake-up-Band. Die Freikirche geht mit der Zeit. Dank neuer Technik wurden die englischen Songtexte auf der Leinwand gleich auf deutsch übersetzt angezeigt. (maz)

Artikel mit freundlicher Genehmigung entnommen aus den Weinheimer Nachrichten vom 14.07.2014.

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