Für verantwortungsvollen Umgang mit moderner Biotechnologie sensibel gemacht
Abend für Seele und Geist
Zu dem Abend mit Buffet und Vortrag, der vom Frauenfrühstücksteam veranstaltet wurde, waren etwa 40 interessierte Frauen und Männer in unser Gemeindezentrum gekommen. Dr. Harald Binder aus Konstanz referierte zum Thema „Moderne Biotechnik und ethische Grundfragen“. Für die musikalische Umrahmung sorgte die Frauengesangsgruppe „Belles Couleurs“ aus Viernheim, die mit „California Dreaming“ einen schwungvollen und begeisternden Einstieg bot und nach dem Essen noch zwei Songs zum Besten gab.
Harald Binder, verheiratet und Vater von 4 erwachsenen Kindern, ist ausgebildeter Chemiker und arbeitet bei der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ (www.wort-und-wissen.de) als Mitarbeiter und Referent. In dieser Organisation geht es darum, das Wort Gottes ernst zu nehmen und gleichzeitig die Dinge der Welt zu verstehen und zu nutzen. An dem Abend sollte es nicht darum gehen, etwas zu dürfen oder nicht zu dürfen. „Je mehr man weiß“, so der Referent, „desto diffiziler werden die Herausforderungen“. Zum Einstieg erwähnte er die in den Medien kürzlich skizzierte Idee einer Firma, den Müttern die Möglichkeit zu geben, ihre Eizellen einfrieren zu lassen, um nach der beruflichen Laufbahn noch späten Kinderwunsch möglich zu machen.
In seiner fesselnden und einfachen Sprache erklärte der Wissenschaftler zunächst das menschliche Erbgut und erläuterte, dass durch das heutige Wissen Chromosomenanomalien wie die Trisomie 21 (Down-Syndrom) bekannt sind. Sehr verständlich und anschaulich anhand einer Powerpoint-Präsentation erklärte er den Aufbau der DNS, die die ganze Erbinformation eines Menschen enthält. So ist diese in den Zellen so strukturiert, dass man an jeder Stelle darauf zugreifen könne. 1990 bereits erzielte man erste Erfolge in der Forschung und seit 2004 kenne man das extrem komplexe System des menschlichen Erbguts ziemlich gut, auch wenn es noch manche Fragezeichen gebe. So wisse man durch die Möglichkeit, genetische Anomalien festzustellen, dass statistisch jeder Mensch 5 bis 10 Erbkrankheiten auf seinem Erbgut trage. So könnten auch gesunde Eltern erbkranke Kinder zur Welt bringen. Mithilfe eines Bluttestes der Mutter lasse sich die Trisomie 21 bereits vor der Geburt diagnostizieren. Jedoch begünstige diese problemlose Untersuchung mit einer niedrigen Hemmschwelle die Abtreibung. Denn es werden Fehlentwicklungen des Kindes festgestellt, für die es keine therapeutischen Möglichkeiten gibt. Nötig sei dagegen für solch eine Diagnose eine psychische Beratung.
In der Reproduktionsmedizin führte Robert Edwards zum ersten Mal die künstliche Befruchtung, auch Invitrofertilisation (IVF) genannt, an einem Menschen durch. Die Begründung, kinderlosen Paaren zum ersehnten Nachwuchs zu verhelfen, ist nachvollziehbar. Aber was passiert mit den überzähligen Embryonen, die durch die hormonelle Behandlung der Frau noch heranreifen? Es stellt sich eine typische ethische Frage, die es zu bedenken gilt: Ist ein Embryo schon ein Mensch bzw. wird er zu einem Menschen? Weiterhin könnte man durch IVF aus den embryonalen Stammzellen auch neue gewünschte Zellen jeder Art züchten. Jedoch lassen sich embryonale Stammzellen nur durch „Embryonenverbrauch“ herstellen, was einer Ausschlachtung des Embryo gleichkäme. Dürfe man, nur um zu helfen, einen Embryo vernichten, der ja gar nicht als Mensch gedacht war? Herr Binder wies auch hier auf die Gefahr hin, die ethische Diskussion zu verdrängen.
Mit einem prekären Beispiel aus der Humanmedizinischen Diagnostik zeigte er auf, wie Veränderungen im Denken die Rechtsprechung beeinflussen können. In Deutschland ist Pränatale Diagnostik zwar verboten, jedoch führte ein Berliner Arzt 2006 bei drei Frauen die Präimplantationsdiagnostik (PID) durch, um bei den Embryonen Gendefekte auszuschließen. Danach zeigte er sich selbst an. Doch 2010 wurde nach dieser gesetzeswidrigen Handlung das Embryonenschutzgesetz abgeändert, so dass seitdem PID erlaubt ist, wenn es um die Erkennung schwerwiegender Schäden geht. Da stellt sich die Frage, ob es ein Recht auf ein gesundes Kind gibt, wie es in dem Buch dieses Gynäkologen heißt („Vom Recht auf ein gesundes Kind“)? 2012 konnte sogar das komplette Genom eines ungeborenen Kindes an der Blutprobe der Mutter entschlüsselt werden!
Anknüpfend an die Darstellung der Fakten stellte der Wissenschaftler nachdenkenswerte ethische Grundfragen: Was ist Leben und wann beginnt es? Was macht den Mensch zum Menschen?
Verantwortung, so der Wissenschaftler, heißt nicht, den Hut zu nehmen, wenn es eng wird. Ver-ant-worten ließe sich eine Situation nur, wenn es über der obersten menschlichen Instanz eine Instanz gibt, die über allem steht. Gott zieht seit jeher den Menschen zur Verantwortung, was in der Bibel bereits auf den ersten Seiten zu lesen ist. Auch mit dem Glauben an Gott sind Grenzen oft nicht leicht zu erkennen, jedoch gibt Gott das Vorrecht, mit ihm jederzeit im Gespräch zu sein, um die Fragen loszuwerden. Wahre Lebensqualität ist für ihn, am Tagesende die Gelegenheit zu haben, alles Unvermögen, Fehler und Schuld von Gott weggenommen zu bekommen und Vergebung zu erfahren.
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